In der mittelalterlichen Wirklichkeit kannte man den Begriff Hauptstadt in der heutigen Bedeutung nicht. Es gab keine Städte, sondern Burgen, und der Staat war Eigentum des Herzogs, der sich die Burgen als Sitz für die Zeit seines Aufenthalts in der jeweiligen Gegend aussuchte. Der Herrscher hielt sich nicht in einer Burg auf, sondern wechselte häufig seinen Aufenthaltsort – die Hauptstadt war dort, wo er sich eben aufhielt. Daher konnte der damalige Herrscher als dux peregrinans bezeichnet werden. Zu seinen Prärogativen gehörte es, die Gerichtsbarkeit auszuüben und Streitigkeiten zu entscheiden, also ging er zu seinen Untertanen, kam er zu ihnen. Nicht unerheblich war auch der Umstand, dass der Herrscher und sein aus vielen Köpfen bestehender Hof den Aufenthaltsort wechseln mussten, weil es die Pflicht des Gastgebers war, ein so großes Gefolge zu unterhalten, und ein längerer Aufenthalt des Herzogs in einer Burg hätte für die ständigen Bewohner beschwerlich werden können.
Im Staat Mieszkos I. und Boleslaus des Tapferen befanden sich die stärksten Burgen in Gniezno, Poznań und Giecz, der Sitz auf der Lednica-Insel hatte eher symbolische und kultische als militärische und Verteidigungsbedeutung. In Poznań bestand seit 968 ein Bistum. Hier wurde 992 Mieszko I. bestattet, doch die Reliquie des hl. Adalbert brachte Boleslaus der Tapfere im Gotteshaus in Gniezno unter. Dort fanden nach der Errichtung des Erzbistums die weiteren Königskrönungen bis 1300 statt. Boleslaus der Tapfere wurde jedoch genau wie sein Vater im Dom in Poznań beigesetzt. Es gab hier also keine festen unveränderlichen Regeln. Vor allem gab es aber damals keine Kriterien für die Bestimmung der Hauptstadtwürde der jeweiligen Burg, natürlich nach heutigem Verständnis dieses Begriffs.