Eine interessante Gruppe in der religiös und kulturell ziemlich homogenen Region von Wielkopolska sind die polnischen Tataren. Sie leben in Trzcianka, einer Stadt im nördlichen Teil unserer Region, und sind nach dem Zweiten Weltkrieg hierhergekommen. Die Änderung der Grenzen Polens hatte sie gezwungen, ihre Heimatdörfer und -städte im Raum Wilno (Vilnius), Grodno (Hrodna) und Nowogródek (Navahrudak) - die heute zu Litauen und Weißrussland gehören - zu verlassen. Die polnischen Tataren sind Mohammedaner, ihr Islam gehört allerdings zur liberalen hanifischen Schule, die es zulässt, dass sie Bräuche und Sitten aus dem Umfeld, in dem sie leben, aufnehmen, selbstverständlich unter Wahrung der islamischen Glaubensgrundsätze und Traditionen.
Die in Polen lebenden Tataren sind Nachkommen der von den Mongolenvölkern abstammenden Siedler von Ende des 14., Anfang des 15. Jahrhunderts, die in Litauen günstige Lebensbedingungen vorgefunden hatten. Die Besiedlung der Tataren auf litauischem Boden wurde von den Fürsten zielbewusst, durchdacht und organsiert betrieben, sie hatte militärischen Charakter, ging es doch um den Schutz der Grenzen vor bewaffneten Überfällen. Dabei wurde ihnen die vollständige Achtung iherer ethnischen und kulutrellen Andersartigkeit zugesichert. Die absolute Toleranz war zweifellos für die Geschicke dieser Gruppe ausschlaggebend, denn sie ermöglichte es ihr, ihre Eigenart zu wahren und ihre Religion und ihre Traditionen zu pflegen. Auf diesen Territorien befinden sich Bohoniki und Kruszyniany, die nach dem Krieg zu Orten von besonderer Bedeutung wurden, befinden sich doch dort Moscheen und Friedhöfe (mizary), die einzigen in Polen.