Michał Drzymała (1857-1937), seit Jahrzehnten einer der polnischen Nationalhelden, gehört zugleich zu den besonders tragischen Gestalten der polnischen Tradition. 1904 wurde ein Gesetz erlassen, das die Genehmigung für den Bau eines neuen Hauses von den Verwaltungsbehörden und der Entscheidung der Ansiedlungskommission abhängig machte. Michał Drzymała, der in Podgradowice bei Rakoniewice wohnte, erhielt als Pole keine Genehmigung. Im Ergebnis wohnte er nach dem Vorbild anderer (aus Pommern) in einem Zigeuner- oder Zirkuswagen.
1907 wurde die ganze Sache publik, als ausländische Journalisten, die an einer in der Nähe veranstalteten Jagd teilnahmen, Michał Drzymała besuchten. Die Fotos von Drzymała und seinem Wagen wurden nicht nur in Europa bekannt, sie gingen um die ganze Welt, versehen mit einem entsprechenden Kommentar. Die ersten Veröffentlichungen brachten polnischsprachige Zeitungen, dann erschienen ausführliche Artikel in der französischen, englischen und amerikanischen Presse. Das Wort ergriffen u.a. Henryk Sienkiewicz, Lew Tolstoi, Maurice Maeterlinck, Herbert George Wells, Gerhart Hauptmann. In Lemberg (Lwow) wurde das Stück Drzymałas Wagen aufgeführt. Drzymałas Epopöe endete in dem Moment, als die preußischen Beamten eine Vorschrift fanden, der zufolge sie erklären konnten, dass die Höhe des Raums innerhalb des Wagens niedriger ist als die geltenden Normen. Ende Juli wurde der Wagen von der Parzelle entfernt und sein Eigentümer musste in eine Erdhöhle umziehen. Im Juni 1910 verkaufte Drzymała seine Parzelle und zog nach Cegielsko (Kreis Grodzisk) um.
Einige Jahre nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit wurde Michał Drzymała ausgezeichnet, der Staat gewährte ihm lebenslänglich eine Rente. Im Oktober 1927 erhielt er als Geschenk vom Volk ein ehemaliges deutsches Gehöft in Grabówno (Kreis Piła). Dort verbrachte er seine letzten zehn Lebensjahre. Nach seinem Tod wurde er auf dem Pfarrfriedhof in Miasteczko Krajeńskie beigesetzt.