LESZNO (Lissa)
Kreisstadt ca. 80 km südlich von Poznań.
Die älteste Erwähnung des Dorfes Leszno stammt von 1393. Sein erster bekannter Eigentümer war Stefan aus Karmin, dessen Söhne den Familiennamen Leszczyński annahmen. Der königliche Dienst und die Ausübung von Ämtern wurden zur Grundlage der Wohlhabenheit dieses Geschlechts. Rafał IV. Leszczyński erwirkte 1547 am Hof des Königs Sigismund des Alten die Genehmigung, die „Stadt Leszno zu gründen und zu bauen”.
Die Stadtgründung fiel in die Zeit der Reformation in Polen. Die Konfession der Böhmischen Brüder begann in Leszno nach 1565 zu dominieren, als Rafał V., der zum Hauptgönner und Verteidiger der Böhmischen Brüder in Polen wurde, die Stadt übernahm. Kurz darauf wurde die örtliche Schule durch seinen Sohn in den Rang eines akademischen Gymnasiums erhoben. Auf diese Weise wurde das Fundament für die Entwicklung des Schulwesens in Leszno gelegt.
In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges kam eine Gruppe von rund 1500 Böhmischen Brüdern aus Mähren und Böhmen, die von dem Geistlichen der Brüdergemeinde Johann Amos Comenius geleitet wurde, nach Leszno. Ebenso wanderten ca. 2000 Lutheraner aus schlesischen Städten hierhin aus. Es war noch kein Jahrhundert seit der Stadtgründung vergangen, als Leszno schon in den Rang der zweitwichtigsten Stadt in Wielkopolska nach Poznań aufgerückt war. Es war berühmt wegen seines Fernhandels, der Herstellung ausgezeichneten Tuchs, des Müllergewerbes und der Herstellung von Schießpulver. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde Leszno zu einem bedeutenden Zentrum des geistigen Lebens. Internationale Anerkennung genossen die pädagogischen Arbeiten von Johann Amos Comenius sowie die wissenschaftliche Tätigkeit von Jan Jonston. Beide waren mit dem örtlichen Gymnasium verbunden, das unter Comenius‘ Rektorat wegen seines ungewöhnlich hohen Unterrichtsniveaus berühmt war. Zur intellektuellen Elite gehörten auch anerkannte Dichter, Anna Memorata (ca. 1615 -1645), die Tochter eines Pastors der Böhmischen Brüder, sowie Johann Heermann (1585 - 1647), Pastor der lutherischen Kirche. Eine Stadt, welche wirtschaftliche Prosperität mit Leistungen auf dem Feld der Erziehung, Bildung und Wissenschaft in sich vereinte, war im damaligen Polen eine überaus große Seltenheit.
Das "goldene Zeitalter" der Entwicklung von Leszno endete tragisch während der schwedischen Sintflut. Im April 1656 wurde die Stadt von der polnischen Armee niedergebrannt. Das war die Rache dafür, dass die schwedische Mannschaft es abgelehnt hatte, die Stadttore zu öffnen, und bewaffneten Widerstand geleistet hatte. Ein Teil der Bürger hatte die schwedische Mannschaft unterstützt, verbanden sie doch mit den Siegen der protestantischen Schweden die Hoffnung auf baldige Rückkehr in ihr Vaterland.
Der Letzte der Familie Leszczyński in Leszno war Stanislaus Leszczyński (1677 – 1766). Während des Großen Nordischen Krieges wurde er auf Empfehlung des Königs Karls XII. von Schweden 1704 König von Polen. Nach der Niederlage der Schweden bei Poltawa (1709) verlor er die Krone. Vorher (1707) wurde Leszno niedergebrannt. Stanislaus Leszczyński verließ Polen, Leszno wurde von der sächsischen Verwaltung übernommen. Genau wie ein halbes Jahrhundert zuvor, wurde die Stadt rasch wieder aufgebaut. Ihr Eigentümer wurde ein weiteres Mal König von Polen und die Krone verlor er auch zum zweiten Mal. Er erhielt damals das Herzogtum Lothringen zur lebenslänglichen Nutzung, nach dem Verkauf der Güter in Polen brach seine Verbindung zu Leszno ab. Es hieß lediglich, dass seine Tochter Maria, seit 1725 Königin von Frankreich, nur Schuhwerk zu tragen pflegte, das von Schuhmachern aus Leszno nach Versailles geschickt wurde.