GNIEZNO (Gnesen)
Kreisstadt, die mit den Anfängen des polnischen Staates verbunden ist. Derzeit eine der größeren Städte in Wielkopolska, wichtiger Punkt auf dem Piastenweg.
Geschichte
Die Entstehungsgeschichte der Burg Gniezno ist nicht genau bekannt. Die Anfänge von Gniezno als Machtzentrum sind mit dem Lechhügel verbunden.
An der Wende vom 8. zum 9. Jahrhundert entstand dort eine offene Siedlung und um 940 im zentralen Teil des Hügels eine zweigliedrige Burganlage (Burg und Unterburg) die von Holz-Erdwällen umgeben war. Weiter ausgebaut wurde die Burg unter der Herrschaft von Boleslaus dem Tapferen und Mieszko II. (Wende vom 10. zum 11. Jh. bis 1038). Die Burg Gniezno war die Hauptstadt im Staat der Polanen, im sog. Gnesener Staat, und dann im polnischen Staat. Hier hielt sich der Herrscher am häufigsten auf. Laut Gallus Anonymus stellte Gniezno unter Boleslaus dem Tapferen die größten Streitkräfte, nämlich 1500 Gepanzerte und 5000 Schildträger.
Früher mochte die Burg ein Zentrum des heidnischen Kults gewesen sein. Nach 966 wurde in der Burganlage die erste Kirche errichtet. Von hier aus machte sich Bischof Adalbert 997 zu seiner Heidenmission ins Land der Pruzzen auf. Im Jahre 1000 wurde die neue, von Boleslaus dem Tapferen gebaute Kirche in der Unterburg in den Rang eines Gotteshauses des Erzbischofs, der die Bistümer Kraków, Wrocław und Kołobrzeg beaufsichtigte, erhoben. Ebenfalls im Jahre 1000 kam der deutsche Kaiser Otto III. als Pilger nach Gniezno zum Grab des hl. Adalbert. 1025 fand im Dom die Krönung des ersten Königs von Polen – Boleslaus’ des Tapferen, und bald danach auch seines Sohnes Mieszko II. statt.
1038 verwüstete der böhmische Herzog Břetislav I. Gniezno. Unter der Herrschaft Kasimirs des Erneuerers erstand der Ort aus den Ruinen auf, erlangte aber seinen früheren Glanz nicht wieder. 1076 ließ sich hier Boleslaus der Kühne krönen.
1238 oder Anfang 1239 erhielt Gniezno das Stadtrecht von Ladislaus Odonic. Es wurde auf dem Jungfrauenhügel gegründet und hatte sein Zentrum an der Stelle des heutigen Marktes. Ende des 13. oder Mitte des 14. Jahrhunderts wurde die Stadt von Mauern mit drei Stadttoren umgeben. Der Lechhügel befand sich außerhalb der Mauern. Hier residierten der Erzbischof und das Domkapitel.
1295 fand im Dom zu Gniezno die Krönung des Königs Primislaus II., statt, die von riesiger Tragweite für die Einigung Polens war. 1300 ließ sich als Letzter Wenzel II. in Gniezno krönen.
Im 16. und 17. Jahrhundert wurde die Stadt durch den Osthandel reich. Gehandelt wurden hauptsächlich Häute und Pelze, sogar Waren aus Sibirien gelangten hierher. In den Jahren 1768–1793 war Gniezno Woiwodschaftshauptstadt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde es zu einem bedeutenden Zentrum des Kampfes gegen die Germanisierung. Im Dezember 1918 errang Gniezno als eine der ersten Städte in Wielkopolska die Unabhängigkeit und wurde zu einem der Hauptkommandostellen des Großpolnischen Aufstands. 1945 entging die Stadt den Zerstörungen, nur der Dom wurde beschädigt.
Heute gehört die Stadt zu den bedeutsamsten in Wielkopolska. Sie ist ein wichtiger Eisenbahn- und Straßenverkehrsknotenpunkt, sie ist auch ein Industriezentrum, hier gibt es u.a. eine moderne Fabrik zur Herstellung von Batterien (alkalische Zellen) und eine Packmaschinenfabrik. In Gniezno wirken Hochschulniederlassungen (u.a. der Adam-Mickiewicz-Universität aus Poznań) und auch das Höhere Geistliche Seminar des Primas von Polen. Den Rang von Gniezno hoben die Feierlichkeiten anlässlich zweier Jahrestage, nämlich des 1000. Todestags des hl. Adalbert und des Millenniums des Gnesener Königstreffens. 1997 besuchte Papst Johannes Paul II. Gniezno zum zweiten Mal (das erste Mal 1979). Er traf sich hier u.a. mit den Präsidenten aus sieben Staaten Europas – aus Tschechien, Litauen, Deutschland, Polen, der Slowakei, der Ukraine und Ungarn. Anlässlich des 1000. Jahrestags des Besuchs Ottos III. in Gniezno fand am 12. März 2000 ein weiteres Treffen der Präsidenten Litauens, Deutschlands, Polens, der Slowakei und Ungarns sowie des päpstlichen Legaten Angelo Sodano statt. Am 28. April desselben Jahres kamen die Ministerpräsidenten aus vier Staaten – aus Tschechien, Polen, der Slowakei und Ungarn sowie der deutsche Bundeskanzler nach Gniezno.