RENAISSANCE
Den Begriff Renaissance (aus dem Französischen: Wiedergeburt) für die neue Epoche in der Kunst, die auf die Gotik folgte, benutzte als Erster Giorgio Vasari, ein im 16. Jahrhundert lebender italienischer Maler, Architekt, Bildhauer und Verfasser der ersten Arbeit zum Thema Kunstgeschichte. Charakteristisch für diese Epoche war die Wiedergeburt des Menschen als Individuum, in der Kunst hingegen war es die Wiedergeburt des antiken Schönheitsideals.
Die Einführung der Renaissance in Polen verdanken wir König Sigismund I. dem Alten. Nach seiner Thronbesteigung und Vermählung mit Bona Sforza strömten italienische Architekten, Bildhauer und auch Dichter und Musiker nach Polen. In der Architektur der polnischen Renaissance, die man auf die Jahre 1500-1650 datieren kann, werden drei ca. je 50 Jahre dauernde Perioden unterschieden.
In den Jahren 1517-1523 entstand in Gniezno die erste Kapelle des hl. Stanislaus – das Mausoleum des Primas Jan Łaski. Das war ein Ziegelbau in Form einer Rotunde mit drei Apsiden. Dieselbe Anlage kann man in der städtischen Magnatenresidenz – dem Palais der Familie Górka in Poznań finden. Hier wurde in einem Bauwerk die herkömmliche feudale Residenz mit dem Innenhof im Renaissancestil verbunden.
Das grandioseste Renaissance-Bauwerk in Wielkopolska und eines der schönsten in Polen ist das Rathaus in Poznań, das in den Jahren 1550-1560 aus einem gotischen Bau von Giovanni Battista di Quadro aus Lugano umgebaut wurde. In der Vorderfront hat der Künstler eine dreigeschossige Bogenloggia projektiert, das Gebäude selbst wird durch eine Attika gekrönt, die an die Wehrmauer mit drei Türmen anknüpft.
Der vor dem Rathaus in Poznań stehende Pranger von 1535, einer der wenigen erhalten gebliebenen in Europa, wurde – wie die daran angebrachte lateinische Inschrift verkündet – aus Geldstrafen errichtet, die der Stadtrat sich zu schick kleidenden Dienstmädchen auferlegt hatte. Unter der Figur des Henkers wurden Bösewichter gebrandmarkt und ausgepeitscht.
Ein äußerst interessantes sakrales Denkmal aus jener Zeit ist die nicht große achtseitige Grabkapelle, die in den Jahren 1598-1602 an die Südwand des Presbyteriums der Stiftskirche in Środa Wielkopolska angebaut wurde.
Charakteristisch für die behandelte Epoche waren auch die immer prachtvolleren Grabdenkmäler. Ein Beispiel für die Anpassung des italienischen Stils an die polnische Tradition ist das Schaffen von Hieronymus Canavesi, eines in Krakau tätigen italienischen Künstlers. Sein Werk sind zwei herrliche Grabmäler von 1574 im Dom von Poznań, nämlich des Bischofs Adam Konarski sowie von Andrzej und Barbara Górka und auch das Denkmal des Großkron-Schatzmeisters Jakub Rokossowski (gest. 1580), das sich in der Stiftskirche in Szamotuły befindet. Typisch für Canavesi sind die vornehmen Posen der porträtierten Figuren sowie die realistische Darstellung der Gesichtszüge und der Details der Kleidung. Das Spiel der Farben erzielte der Bildhauer dank der Verwendung von farbigem Marmor und Sandstein.
Von Canavesis Stil weicht das Werk des hervorragendsten polnischen Bildhauers der Renaissance – Jan Michałowicz - ab. Es ist dekorativer, setzt Pflanzenornamente ein, und der malerische Effekt wurde durch die Zusammenstellung der verschiedenen Farben der Materialien betont, die für den Sarkophag sowie die Architektur und die Dekoration verwendet wurden. Der Künstler schuf das Grabmal des Bischofs Benedykt Izdbieński (gest. 1553) im Dom zu Poznań.